Die neue Urania kommt!

Reportage
31.08.2021 - Ulrich Weigand
© Werner Huthmacher

Seit 1962 befindet sich die Urania Berlin an ihrem heutigen Standort. Nun entsteht hier etwas Neues: Berlin wird mit der neuen Urania ein Zentrum für Demokratie und Bürgerdialog erhalten. Urania-Direktor Ulrich Weigand erzählt, was er vorhat.

Die neue Urania kommt! Wir sind überaus begeistert und dankbar, dass nun auch in kürzester Zeit der Berliner Senat die Unterstützung der baulichen Erweiterung der Urania Berlin zu einem nationalen Bürgerforum am 22. Juni 2021 beschlossen hat. Nur sieben Monate nach der Entscheidung des Bundes, die Baumaßnahme der Urania anteilig zu fördern, ermöglicht Berlin mit seiner Zusage den Start des Gesamtvorhabens in Höhe von 85,5 Mio. €. Mit dieser Jahrhundertentscheidung kann unser 1888 gegründetes Kulturhaus und Wissenszentrum zu einem Bürgerforum für Demokratie und Vielfalt, Wissenschaft und Umwelt mit nationaler und internationaler Strahlkraft ausgebaut werden.

Mehr denn je erfordern gerade jetzt die besonderen Herausforderungen unserer Zeit eine starke Plattform der Zivilgesellschaft, um auf Augenhöhe insbesondere auch mit der Wissenschaft und mit der Politik ausgewogen zu diskutieren. Dank der Unterstützung der Bundesregierung und des Landes Berlin entsteht mit dem Bürgerforum Urania daher eine Kultur- und Bildungseinrichtung neuen Typs: In höchstem Maße zugänglich, demokratisch und divers werden die vielfältigen Angebote sein, die wir für breite Kreise der Bevölkerung im Zentrum Berlins analog und digital bereitstellen. So wird es gelingen, Wissen, lebenslanges Lernen, unsere Demokratie und bürgerschaftliches Engagement in der breiten Gesellschaft erfolgreich zu stärken.

Bereits die Architektur des Standorts soll Offenheit, Fortschritt und Innovationskraft ausstrahlen. Dazu wird ein europaweiter Architekturwettbewerb den Standort wegweisend entwickeln. Mit der Erweiterung der öffentlichen Flächen von 6.000 auf 12.000 Quadratmeter werden vielfältige neue Nutzungen möglich. Das nach ökologischen Standards gestaltete Gebäude wird Aufklärung und bürgerschaftliches Empowerment für breite Kreise der Gesellschaft erlebbar machen.

Bereits heute ist unser traditionsreicher Verein mit über 1.000 engagierten Mitgliedern und einem großen Stammpublikum ein anerkanntes Zentrum für den Dialog von Wissenschaft, Kultur, Politik und Öffentlichkeit. Inspiriert von unserem Gründungs-Initiator Alexander von Humboldt bieten wir hochaktuelle Themen aus Wissenschaft und Forschung. Und das aus ganz unterschiedlichsten Perspektiven. Künftig übernehmen wir zusätzliche Verantwortung, um als nationales Forum noch stärker in die Gesellschaft zu wirken. Unsere Zielsetzung ist es, kontroverse öffentliche Debatten zur Sicherung unserer Demokratie anzustoßen und die Teilhabe möglichst unterschiedlicher Gruppen der Zivilgesellschaft an der Gestaltung unserer Zukunft zu ermöglichen.

Das Urania-Haus und Grundstück befindet sich im Eigentum unseres gemeinnützigen Vereins. Mittlerweile sind die Gebäudeteile aus der Gründerzeit und aus den 1960er Jahren stark sanierungsbedürftig und alles andere als zeitgemäß zu nutzen. Dazu kommt, dass die besondere Geschichte des ursprünglich als jüdisches Logenhaus und ab 1933 als Reichsfilmkammer der Nationalsozialisten genutzten Gründerzeitbaus, der heute einen Teil des baulichen Gesamtensembles bildet, nicht mehr erkennbar ist. Denn die Urania hat ihren Sitz an diesem Standort erst seit 1962. Wir stellen uns der Verantwortung für die Geschichte der Stadt und des Ortes und werden historische Spuren und Zeugnisse der Nutzungen des 20. Jahrhunderts freilegen und für künftige Forschung aber auch Bürgerprojekte nutzbar machen.

Der Umbau der Urania soll nach ökologischen Kriterien erfolgen. Dabei legen wir großen Wert auf die Nutzung nachhaltiger Materialien, einen geringen Energieverbrauch – etwa durch die Gewinnung von Solarenergie und effiziente Wärmedämmung – optimale Entwässerung und eine Bauwerksbegrünung.

Von internationalen Forscher:innen und Journalist:innen lernen

Die neue Urania soll als „offenes Bürgerhaus“, das heißt bereits in ihrer architektonischen Erscheinung einladend und transparent gestaltet werden. So sollen die Außenbereiche und schließlich das Erdgeschoss über einen einladenden Charakter verfügen, und eine hohe Aufenthaltsqualität bieten. Vom offenen Foyer aus erreichen die Besucher:innen unterschiedliche Ausstellungs- und Veranstaltungsbereiche: Kunst, Kultur und Wissenschaft werden im großzügigen Räumen für unterschiedliche Nutzergruppen aufbereitet und erlebbar. Multifunktionale Säle und Kongressflächen bieten die Möglichkeit für die Durchführung von Vorträgen, Kongressen sowie weiteren Kultur- und Bildungsangeboten.

Heute sind Wissensvermittlung, Partizipation und Inklusion Schlüsselfaktoren, um möglichst vielen Menschen einen Zugang zu kulturellen Angeboten zu schaffen. Wir blicken über den kulturellen Tellerrand und machen die Urania zum perspektivenreichen, interdisziplinären Lernort: Im Rahmen eines dauerhaften Stipendiaten-Programms laden wir internationale Forscher:innen und Journalist:innen zu uns ein. Unser digitales Medienzentrum bietet besondere Wirkungsmöglichkeiten für Wissenschaftsjournalist:innen. Für Kulturelle Bildung mit Kindern und Jugendlichen stehen Kreativ-Werkstätten und ein naturwissenschaftlich-technisches Forschungslabor zur Verfügung. Bildende Künstler:innen erhalten die Möglichkeit, Atelierräume für ihre Arbeit und den interdisziplinären Austausch zu nutzen. Ein Programmkino und ein Raum der Stille runden das umfassende Bildungs- und Kulturangebot ab. Der Urania-Gemeinschaftsgarten im öffentlichen Innenhof der Urania wird allen Besucher:innen zum Aufenthalt und bei Interesse auch zur Mitwirkung offenstehen.

Ort der Vielfalt und des Generationendialogs

Uns bewegen dabei folgend Fragen: Wie können die Menschen stärker in gleicher Weise vom wissenschaftlich-digitalen Fortschritt profitieren? Wie möchten wir unsere Städte entwickeln? Wie ist der Fortschritt für möglichst alle in unserem Land nutzbar? Wie begegnen wir Rassismus und sozialer Ungleichheit? Wie verhindern wir die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen auf der Erde? Das erweiterte Urania-Haus wird Menschen unterschiedlicher kultureller Herkünfte und sozialer Gruppen in den Dialog zu den alle verbindenden Fragen der Zivilgesellschaft bringen und gemeinsam Antworten suchen und diskutieren. Weil sich Seh- und Hörgewohnheiten gerade jüngerer Menschen verändert haben, mangelt es in unserer Gesellschaft zudem häufig an Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten der unterschiedlichen Generationen. In der Urania möchten wir den Dialog der Generationen mit altersübergreifenden Formaten stärken: über bürgerschaftliches Engagement und innovative Diskurse zu Kultur und Stadtentwicklung, Demokratie und Europa, Wissenschaft und Umwelt. Dazu schaffen wir das Debattierforum Urania: analog, hybrid und digital.

Kompetenzzentrum für digitale Bildung und Bürgerbeteiligung

Digitale Formate bereichern alle Möglichkeiten der Wissensvermittlung, des Dialogs, der Teilhabe und der Bildung. Als Haus für Bürgerbeteiligung, demokratische und kulturelle Bildung setzt die Urania ein klares Signal und soll ein Innovationsort digitaler Vermittlung werden. Deshalb denken wir bei allen Formaten und Angeboten die digitalen Vermittlungsmöglichkeiten von Anfang an mit. Nur so erreichen wir in Zeiten einer extrem kompetitiven Aufmerksamkeitsökonomie eine hohe überregionale Reichweite. Mit unserem vielfältigen Kulturprogramm und einem Kompetenzzentrum „Digitale Bildung“ möchten wir zudem neue Wege in der Erwachsenenbildung und Bürgerbeteiligung anstoßen und vorantreiben. Unser längerfristiges Ziel ist die Entwicklung einer digitalen und analogen Plattform für Lernen, Engagements und für öffentliche Beteiligungsverfahren: Denn Bürger:innen sollen unsere Gesellschaft aktiv mitgestalten. In der vorgesehenen Vernetzung der Urania mit unterschiedlichen nationalen Partnern streben wir den Wissenstransfer zwischen Stadt und Land und zwischen der Bundeshauptstadt Berlin und unterschiedlichen Gruppierungen und Institutionen in anderen Landesteilen an.

Diversität als nationale Chance

Und: Wie lassen sich soziale Ungleichheit, Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung wirksam bekämpfen? Nicht nur Migration verändert die Gesellschaft in Deutschland. So sind besonders die Städte von gesellschaftlicher und kultureller Vielfalt geprägt und gefordert. Ausgelöst durch den gelebten Wandel verändern sich auch die Zielgruppen der Urania. Indem wir Barrieren abbauen und mit der spannenden Auswahl von Referent:innen und Themen die Programmvielfalt erhöhen, erweitern wir unser Stammpublikum um neue Besuchergruppen. Denn gerade neue und vielfältige Perspektiven machen unser Programm mehr denn je relevant.

Mit diesen Angeboten wird die Urania zum zentralen und nachhaltigen Dialogort der Stadtgesellschaft, mit der Möglichkeit plebiszitärer Mitwirkung in Kultur, Wissenschaft und Politik. Dies ist unsere Vision für die kommenden Zeiten. Wir freuen uns, wenn auch Sie sich für den Wandel der Urania begeistern können und uns dabei unterstützen.

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