bzw.:BEZIEHUNGSWESEN

Von Juden lernen: Pikuach Nefesh - Leben vor Gesetz

Podiumsgespräch

Dieses Gebot sagt: Nichts ist heiliger als das Leben selbst. Für seine Rettung dürfen die Gesetze gebrochen werden.

Mirna Funk und Benjamin Fischer


Pikuach Nefesh ist ein jüdisches Prinzip, das die Rettung von Leben über alle anderen religiösen Gebote stellt. Ob Schabbatruhe, Speisegesetze oder Fastenvorschriften – sie alle dürfen gebrochen werden, wenn es darum geht, einen Menschen zu retten. Das gilt nicht nur im akuten Notfall, sondern auch bei potenzieller Lebensgefahr. Und es gilt für jedes Leben – unabhängig von Religion oder Herkunft. Nur drei Ausnahmen gibt es: Mord, Götzendienst und sexuelle Gewalt.

Pikuach Nefesh ist damit eines der klarsten und kompromisslosesten ethischen Gebote, das das Judentum kennt. Denn es sagt: Nichts ist heiliger als das Leben selbst. Und dafür dürfen die Gesetze gebrochen werden.

Mirna Funk und Benjamin Fischer diskutieren, was dieses Gebot so relevant für unsere Gegenwart macht. Denn wir leben in einer Zeit, in der Prinzipien oft wichtiger scheinen als Menschen. In der Regeln schützen, aber auch ausschließen. In der sich Verantwortung gerne in Systemen verliert. Pikuach Nefesh erinnert uns daran, dass Menschlichkeit manchmal bedeutet, ein System zu unterbrechen. Dass Fürsorge über Loyalität zu Strukturen stehen muss. Und dass es Situationen gibt, in denen der Gesetzesbruch das einzig Richtige ist.

Es ist kein bequemes Prinzip. Es stellt uns vor schwierige Entscheidungen. Es fordert Selbstverantwortung während der größtmöglichen Herausforderung. Nämlich ein Leben zu retten.

Benjamin Fischer ist ein europäischer Berater für Digital- und Minderheitenrechte. Als Programmdirektor der Alfred Landecker Stiftung konzentrierte er sich auf die Entwicklung und Umsetzung von Initiativen, die daten- und innovationsgestützte Aktivismusansätze stärken. Vor seiner Tätigkeit bei der Stiftung arbeitete er als Chief Digital Officer der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland und als Public Affairs Officer des Europäischen Jüdischen Kongresses. Als Berater für europäische NGOs in Brüssel und Kontinentaleuropa spezialisierte er sich auf die Bekämpfung von Online-Hass und Change Management. Er initiierte die Gründung und unterstützte den Aufbau des Center for Monitoring Analysis and Strategy (CeMAS), des EU Desinformation Situation Centers, der DISARM Foundation und verschiedener KI-basierter Tools zur Erkennung von Hassrede. Von 2015 – 2017 war er Präsident der European Union of Jewish Students (EUJS) und vertrat deren Mitglieder gegenüber EU-Institutionen, der OSZE und dem UNHRC. Darüber hinaus war er Gründungspräsident der Jüdischen Studierenden-Union Deutschland (JSUD) und Gesamtsprecher des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks (ELES), dessen Trägerverein er heute angehört.

Aus Sicherheitsgründen bitten wir zu beachten, dass bei dieser Veranstaltung keine Taschen oder Gegenstände mit in den Saal genommen werden dürfen. Bitte geben Sie diese an der Garderobe ab.

Eintritt: 8 €, ermäßigt: 5 €, Mitglieder: 3 €

Foto: Mirna Funk © Dafy Hagai, Benjamin Fischer © Wolf Lux / Alfred Landecker Foundation